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Vorlesung 1. Lexikologie als Sprachwissenschaft und Lehrfach. Gegenstand und Ziele

Die Lexikologie gehört zu den relativ jungen Bereichen der deutschen Sprachtheorie. Als selbständige Wissenschaft bildete sie sich Mitte des XX. Jahrhunderts heraus.

Die Lexikologie bedeutet in der Übersetzung aus dem Griechischen die Lehre vom Wort – die Wortkunde – und ist als Wissenschaft eine linguistische Disziplin, die den Wortschatz der Sprache in seiner Entwicklung und im modernen Zustand untersucht.

Die Lexikologie als Lehre vom Wortschatz der Sprache untersucht den Wortschatz als ein lexikalisch-semantisches System. Der Gegenstand der Lexikologie ist das Wort als sprachliche Einheit.

Als Hauptziele der lexikologischen Forschung sind zu nennen:

•  das Wort als eine grundlegende nominative Spracheinheit im lexikalisch-semantischen System, seine Merkmale und seine Bedeutung;

•  der Wortbestand als System und die Beziehungen zwischen seinen Elementen;

•  soziale, funktionale, historische, regionale Schichtung des Wortschatzes;

•  die Wortschatzerweiterung und Veränderungen des Wortschatzes;

•  die Betrachtung der Sprache als eine gesellschaftliche Erscheinung und die geschichtliche Analyse der Existenzformen der Sprache.

Zur Lexikologie als linguistischer Disziplin gehören folgende Forschungsgebiete.

1. Semasiologie (Wortbedeutungslehre). Das wichtigste Problem der Semasiologie ist die Abgrenzung der Vieldeutigkeit von der Homonymie.

2. Onomasiologie (Bezeichnungslehre). Die Bezeichnungslehre untersucht, welche Begriffe in einer Sprache bezeichnet werden und warum gerade diese Bezeichnung für einen Begriff gewählt worden ist. Die Lösung dieser Aufgaben setzt die Einbeziehung sozialer, historischer und psychologischer Phänomene voraus.

3. Etymologie (Wortgeschichte). Die Etymologie ist die Wissenschaft von der Herkunft der Wörter, der Entwicklung ihrer Formen und Bedeutungen, ihrer Verwandtschaft mit anderen Wörtern. Die Etymologie untersucht die Ursache der Benennung, das Etymon des Wortes, das ursprüngliche Merkmal des Gegenstandes, das dem Namen zugrunde liegt.

4. Wortbildung (Wortbildungslehre). Als Zweig der Lexikologie untersucht die Wortbildungslehre die Bildung neuer Wörter aus vorhandenen Elementen nach bestimmten Modellen und Regeln. Die Wortbildungslehre hat zwei aufeinander bezogene Aufgaben. Einerseits untersucht sie die Vorgänge der Wortbildung, die Regeln, nach denen neue Wörter gebildet werden können, andererseits beschreibt sie die Elemente und die Ergebnisse dieser Vorgänge, die fertigen Wörter.

5. Phraseologie (Lehre von festen Wortkomplexen). Die Phraseologie betrachtet man als Bestandteil der Lexikologie. Die Phraseologie erforscht die Einheiten des phraseologischen Bestandes und ihre Merkmale.

6. Lexikographie. Die Lexikographie ist Theorie und Praxis der Wörterbuchschreibung. Sie steht in enger Beziehung zur Lexikologie. Einerseits wendet sie Ergebnisse der Lexikologie an, andererseits erhält die Lexikologie von ihr wissenschaftliche Impulse und Aufträge.

Die Lexikologie ist ein Teil des theoretischen Kursus der deutschen Sprache, der aus der theoretischen Grammatik, theoretischen Phonetik, Sprachgeschichte, Stilistik besteht. Mit diesen Fächern ist Lexikologie eng verbunden, weil sie alle das Wort als Gegenstand der Forschung haben. Die theoretische Phonetik untersucht das Wort vom lautlichen Standpunkt aus. Die theoretische Grammatik erforscht Bildung, Bedeutung und Gebrauchen der Wortform. Die Stilistik befasst sich mit den Ausdrucksmöglichkeiten der Wörter. Die Lexikologie stützt sich ständig auf die Angaben dieser Sprachdisziplinen.